Andreas Stuth |
Hier wieder die aktuellen Tipps für Kinogänger.
Für sehr sehenswert halte ich "Ratten im Nebel", ein Stummfilm von Franz von Pumskötter aus dem Jahre 1912, der in restaurierter Originalfassung in die Kinos kommt. Erzählt wird die Liebesgeschichte der verarmten Adligen Amelie und dem aus einfachsten Verhältnissen in die Welt der Reichen aufgestiegenen Willibald. Eine melodramatische Krimikomödie mit tragischen, halbdokumentarischen Einsprengseln, eine Amour-fou in den Straßen Berlins, ein expressionistisches Sittengemälde von fast shakespearscher Dichte. Für mich überzeugt vor allem, wie es der Film meistert, mit einem Minimum an Mitteln, Schwere und gleichzeitig Leichtigkeit des menschlichen Daseins, Hölle des Alltags, Glück des Feiertags, mit einem Nachdruck zu vermitteln, wie es in dieser Meisterschaft später nur noch Silvester Stallone oder allenfalls noch Arnold Schwarzenegger gelungen ist. Also unbedingt ansehen.
Ansonsten noch sehenswert: "Die Abenteuer des alten Indiana
Jones", Teil 1, "Auf der Suche nach dem verlorenen Rentnerausweis",
mit Harrison Ford und Gerard Depardieu.
Dann "Kolumbus", zweiter Teil, "Die Rückfahrt", mit Gerard Depardieu.
Hierzu auch der Soundtrack wieder sehr gelungen, der erhältlich
ist auf CD, MC, LP und LPG.
Unter Vorbehalt noch zu empfehlen: Der neue Chabrol "Der Mann
der Bäckerin", mit Yves Croissant und Juliette Brioche.
Dann noch "Kevin allein in Zaire" sowie das Inzest-Drama "Liebling,
ich habe die Kinder gebumst", mit Michelle Pfeiffer und Gerard
Depardieu.
Ausgesprochen ärgerlich dagegen das japanische C-Picture "Frankensteins
Schwager jagt Godzillas außerirdische Tochter". Ein Streifen,
der auf gänzlich unmotivierte Weise und in schlampigster Machart
mit Versatzstücken aus so großartigen Klassikern des Genres
wie etwa "See der verstümmelten Leichen" umspringt.
Mein Kommentar zu diesem Machwerk:
Außer Wesen nichts gewesen.
Zum Abschluss noch ein Geheimtipp. "Der Heimkehrer" von Brian de Palma. Gerard Depardieu spielt einen Bosnier, der nach entbehrungsreichem Hütchenspielerdasein in Deutschland in sein Heimatdorf zurückkehrt. Dort findet er sein Vaterhaus zerstört, Vater und Bruder ermordet, Mutter und Schwester misshandelt. Er greift zur Waffe um sich zu rächen. Beeindruckend die Szene, in der er dem opportunistischen und denunziantischen Wirt des Dorfgasthauses, gespielt von Günther Strack, die kochendheiße serbische Bohnensuppe ins Gesicht schleudert. Strack wurde übrigens für diese Rolle für einen Oscar als bester verbrühter Nebendarsteller nominiert. Dapardieus kongenialer Gegenspieler ist Michel Piccoli als skrupelloser Serbenführer. Ganz stark der Schluss wenn sich Depardieu und Piccoli lange auf einem verlassenen Platz in Sarajewo gegenüberstehen, bevor Dapardieu endlich den entscheidenen Satz spricht: "Ihr habt die Touristen vergrault". Stärker könnte man die Jugoslawien-Krise nicht auf den Punkt bringen.
Soweit mal wieder die Kinotipps. Wir sehen uns im Kino.